Hallo an alle!
Mal wieder viele liebe Gruesse aus Tansania!
Heute sitze ich in einem Internetcafe in Kigoma, das ist ganz im Westen von Tansania. Die Stadt ist wirklich schoen, von fast ueberall aus sieht man den Tanganyikasee. Dieser See erstreckt sich fast ueber den ganzen Westen Tansanias und bildet die Grenze zum Kongo. Schon komisch, hier in Kigoma zu stehen und zu wissen, "dort oben" ist Burundi und "dort hinten" der Kongo. Die Grenzen sind so nah. Das ist man nicht gewohnt, wenn man aus Zentraltansania, also Mwanga in der Singida-Region, kommt.
Die Stadt unterscheidet sich noch durch eine witzige Kleinigkeit von anderen Staedten: Ueberall in Tansania wird man von den Afrikanern erstmal auf Englisch angeredet (teilweise stellt das ein Problem dar, wenn die Menschen kein Englisch koennen...), weil sie einem Suaheli nicht zutrauen. Na gut.
Hier in Kigoma wird man allerdings an jeder Ecke auf FRANZOESISCH angeredet! Wie oft ich in den letzten Tagen "Bonjour" oder "Bonsoir" gehoert habe... Dabei kann ich ueberhaupt kein Franzoesisch mehr, in meinem Kopf gibt es irgendwie nur noch Suaheli...
Mara und ich raetseln, woran das liegt, dass jeder mit einem Franzoesisch sprechen moechte. Vielleicht an der Naehe zum Kongo? Wie wissen es nicht, antworten aber konsequent auf Suaheli.
Ja, was hat uns denn nach Kigoma verschlagen?
Auf dem Tanganyikasee faehrt seit ueber 100 Jahren ein altes deutsches Schiff, die MS Liemba, von Kigoma bis nach Mpulungu in Sambia. Diese Schifffahrt wollten auch wir machen.
Aber in Kigoma angekommen, wurde uns mitgeteilt, dass die MS Liemba nur noch im zweiwoechentlichen Rhythmus faehrt, also erst naechste Woche wieder... Na ganz toll. Von Mwanga aus nach Kigoma sassen wir 3 Tage im Bus!!
Auch wenn es auf der Karte gar nicht so weit aussieht, ist es doch eine betraechtliche Distanz, die wir zurueckgelegt haben. Tansania ist einfach gross. Ausserdem sind die Strassen grundsaetzlich unglaublich schlecht...
Letzte Woche am Freitag sind wir (Mara und ich) aus Mwanga losgefahren. Die Informationen ueber die Abfahrtszeiten des Busses nach Singida sind widerspruechlich. Manche sagen, er faehrt um 13:00, andere sagen, erst um 15:00 und andere sagen irgendwas dazwischen. Also laufen wir gegen 13:00 zum Stendi in Mpaligogo und machen uns auf eine lange Wartezeit gefasst. Also sitzen wir. Und warten...
Gegen 14:30 faengt es zu allem Ueberfluss auch noch an zu regnen. Dazu muss man sagen, dass es seit 4 Wochen nicht auch nur einen Tropfen geregnet hat!! Und wann faengt es an, wie aus Kuebeln zu schuetten?? Natuerlich, wenn Mara und Anja auf den Bus warten.
45 Minuten spaeter kam dann auch der Bus, in den wir total durchnaesst und verschlammt eingestiegen sind.
Den Samstag Vormittag haben wir entspannt in Singida verbracht - nun ja, nicht ganz so entspannt, mir war naemlich schon wieder die ganze Zeit so komisch und mir hat alles weh getan.
Als ich Mara das erzaehlt habe, hat sie mich sofort in eine Krankenstation in Singida geschleift und mich zum Malariatest gezwungen.
Das waere wirklich passend gewesen, ich moechte reisen und wie schon im April werde ich einfach kurz vorher wieder krank. Ich weiss, das hoert sich an wie ausgedacht.
Aber mein Malariatest war dann wirklich positiv...
Trotzdem haben wir uns am Nachmittag auf den Weg gemacht.
Aber ihr seht, die Reise begann nicht unter den besten Voraussetzungen.
Als wir dann in Kigoma erfahren haben, dass dieses bloede Schiff gar nicht faehrt, mussten wir spontan umdisponieren. Das Problem ist nur: Im Westen Tansanias gibt es nicht so wirklich viel zu tun, die Infrastruktur ist schlecht und gewoehnlich verirren sich hier hin keine Touristen. Also was tun?
Etwa 20 Kilometer noerdlich von Kigoma gibt es einen ganz kleinen Nationalpark, den kleinsten Tansanias, den Gombe Stream National Park. Er ist beruehmt fuer seine Affen, Schimpansen und Paviane. Jane Goodall hat von 1960-2000 hier auch viel geforscht. (Ueber die Frau und ihre Schimpansen gibt es sogar eine Simpsons-Folge.)
Das Schoene an dem Park ist auch, dass man alles zu Fuss geht, man klettert zusammen mit einem Guide den Berg hoch und sucht dann die Tiere. Die Aussicht von oben ist auch der Hammer: Im Hintergrund der See, dessen Wasser tuerkisblau ist und ueberall huegelige/bergige Waelder.
Und es ist schoen, die Schimpansen in ihrer natuerlichen Umwelt zu sehen (nicht im Zoo!), bis auf 10 Meter kommt man an sie ran.
Also eine doch ziemlich gute Alternative.
Eigentlich war das Ganze schon wieder typisch fuer Tansania: Nichts bzw. wenig kommt so wie es geplant war. Wer hier nicht spontan ist, der wird's.
Was ich euch noch erzaehlen wollte und was nicht ganz so schoen ist in Tansania ist das Schulsystem.
In Mwanga gibt es drei Grundschulen und eine weiterfuehrende, also eine Secondary School, Selenge, in der Mara unterrichtet.
In die Grundschule gehen die Tansanis sieben Jahre, danach schreiben sie eine Pruefung und wenn sie die bestehen, duerfen sie in die Secondary.
Nur: Selenge ist wie alle staatlichen Schulen in Tansania unglaublich schlecht. Die Lehrer sind nicht qualifiziert genug, sie unterrichten nicht, die Klassen sind zu gross und es gibt kaum Materialen, wie Buecher.
Das Ergebnis: Fast der ganze Jahrgang von Form 4 (das entspricht in Deutschland dem Realschulabschluss, Form 6 ist dann das Abitur) besteht die Pruefungen nicht. Aber das ist kein Wunder...
Und Form 6, also Abitur? Das hat hier niemand.
Es ist nur so unglaublich schade! Wie oft denke ich mir, dass hier so viel Potential verloren geht, die Schueler ueberhaupt keine Chance haben??
Es gibt natuerlich auch gute Schulen, in denen die Schueler auch einen Abschluss machen. Nur, dass diese Schulen unglaublich teuer sind und sie sich der Durchschnittsbuerger einfach nicht leisten kann.
Also gehen die meisten Kinder in Mwanga auf Selenge, zaehlen 4 Jahre lang Schulgebuehren, bringen pro Jahr kiloweise Mais und Bohnen fuers Mittagessen in die Schule und bestehen dann Form 4 nicht.
Ich finde das total traurig.
Und wie ist es in Deutschland? Wenn ich daran denke, welche Pfeifen mit mir Abitur gemacht haben! Oder dass in Deutschland quasi jeder Schueler einen Schulabschluss macht.
Ich bin 13 Jahre in die Schule gegangen ohne dafuer zu bezahlen! Das ist unvorstellbar fuer die Menschen in Tansania.
In Mwanga gibt es uebrigens auch immer noch Kinder, die gar nicht in die Schule gehen, nicht mal in die Grundschule. Ich sehe das auch bei meiner Arbeit in der Krankenstation, wenn 18-jaehrige Schwangere zu mir kommen und, wenn sie etwas unterschreiben muessen, das mit einem Daumenabdruck machen.
Wieder einmal wird mir bewusst, wie leicht wir es in Deutschland eigentlich haben...
So, ich hoffe, es geht euch auch gut. Geniesst ihr den Sommer in Deutschland? Der muesste doch auch schoen langsam mal kommen, oder?
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Bis bald und liebe Gruesse,
Anja