Hallo an alle!
Heute bin ich wieder in Singida und schreibe von meinem gewohnten Internetcafe.
Die letzte Woche habe ich in Singida und Iguguno verbracht, also bei den anderen Kolping-Freiwilligen.
Jana und Julius sind ja in SGD und arbeiten in einer (privaten) Grundschule und einem "Center".
In der Schule unterstuetzen sie die Lehrer im Englisch- und Matheunterricht, v.a. indem sie Hefte und Hausaufgaben korrigieren. Im Center bekommen jeden Tag etwa 450 Kinder Essen. Entweder sind es Strassenkinder oder Kinder aus armen Verhaeltnissen, die auf alle moeglichen Schulen in Singida sind. Die ganz Kleinen gehen noch in den Kindergarten, die Grossen schon in die Secondary School. Alle bekommen jeden Tag ein Soja-Reis-Gericht, das von einer amerikanischen Organisation in kleinen Tuetchen gebracht wird.
Ich finde das grundsaetzlich voll gut und sinnvoll, denn ohne das Center wuerden viele Kinder viel zu wenig zu essen bekommen. Allerdings faende ich es besser, das Essen nicht zu importieren, sondern zum Beispiel Reis aus Tansania zu kochen; das wuerde dann auch noch ein bisschen die lokale Wirtschaft foerdern. Aber vielleicht kommt das noch.
Nach der Essensausgabe machen die beiden auch immer noch was mit den Kindern, entweder ein bisschen Sport oder Spiele, oder sie helfen ihnen bei den Hausaufgaben.
Vor zwei Tagen bin ich nach Iguguno gefahren. Das ist ein kleines Dorf etwa 20 km noerdlich von Singida. Dort leben Lara und Claudia gemeinsam in einer Gastfamilie.
Lara arbeitet in einer Krankenstation (wie ich), allerdings bei der Aufnahme und im Labor und nicht wie ich bei den Schwangeren und Kindern. Laras Krankenstation ist voll gut ausgestattet; dort haben sie sogar eine HIV-Station und zwei (!!) Computer. In Mwanga gibt es das nicht, dafuer meinte Lara, dass die Dispensary in Mwanga mehr und qualifizierteres Personal haette. Die in Iguguno seien naemlich nur so halb ausgebildet.
Claudia unterrichtet in einer (staatlichen) Grundschule die 6. und 7. Klasse Englisch.
Es war sehr schoen, die anderen Projekte besuchen zu duerfen und kennen zu lernen. Jetzt habe ich alle Arbeitsstellen der Tansaniafreiwilligen gesehen.
Was mir jetzt aufgefallen ist, vor allem im Vergleich zu Iguguno: Mwanga ist das krasseste Projekt, mit am wenigsten Komfort, das am krassesten im Busch ist. Aber das macht nichts, denn ich fuehl mich dort ja sehr wohl
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Es gibt noch eine kleine Habari aus Mwanga, die ich euch neulich nicht erzaehlt habe. Man ist es ja als Weisse schon gewohnt, oft von Tansanis angelabert zu werden, die gestehen einem ihre Liebe und wollen einen heiraten. Das ist oft nur ein Witz, mal mehr oder weniger ernst gemeint und ganz oft nur dummes Gelaber.
Jetzt gibt es aber in Mwanga einen jungen Mann, der das ein klein bisschen ernster meint. Er heisst Haway (oder Emanueli) und arbeitet bei meinem Gastvater. Schon seit ein paar Monaten ist er irgendwie lieb zu mir, er holt mich vom Busstendi ab, wenn ich weg war oder schenkt mir Maiskolben. Ich hab das nicht so ernstgenommen, natuerlich. Vor ein paar Wochen ging's schliesslich zur Sache: Er liebt mich, er will mich heiraten. Er wisse ja, dass ich nicht aus Tansania weg wolle und das waere eine guenstige Moeglichkeit, hier zu bleiben.
Mein Einwand war, dass ich einen Freund habe, aber darauf hat sich Haway vorbereitet: Ihm wuerde er quasi als Abfindung zwei Kuehe geben und meine Mutter (weil ihr Kind ja dann so weit weg ist) vier Kuehe.
Bei der Hausarbeit wuerde er mir immer helfen und ich muesste auch nie alleine kochen. (Na klar, das wuerde voll gegen den tansanischen maennlichen Stolz gehen...) Ich musste voll lachen, aber diese Vorstellung hat sich eine Zeit mal jeden Tag wiederholt, immer, wenn wir beide allein waren.
Mara hat seit ein paar Monaten einen Freund in Mwanga und auch Tanja, meine Vorgaengerfreiwillige hatte einen. Also denkt Haway wahrscheinlich, probier ichs mal bei der, die noch frei ist, so unantastbar sind die Weissen ja nicht. Und einen finanziellen Vorteil koennte er daraus sicher auch noch schlagen.
Ich finde das nicht richtig und es nervt mich, aber meistens muss ich nur darueber lachen.
Besonders in grossen Staedten wird mir als Weisse sehr oft "Mzungu" (Weisse) nachgeschrien, vor allem von Kindern. Das ist extrem nervig, vor allem weil es nicht nur ein Mal ist, sondern die Kinder das ungefaehr zwanzig Mal und im Chor schreien.
Das zeigt mir immer wieder, dass egal, wie gut ich Suaheli kann, egal wie angepasst ich mich kleide: Ich bin immer anders, ich werde immer weiss bleiben. Ich dachte vor meiner Ausreise nicht, dass die Hautfarbe so gewichtig ist. Und dann gibt es da noch Menschen, die Afrikaner bzw. Tansanis sind, aber mehr so aussehen wie ich: Albinos.
Ich stelle es mir schrecklich vor, immer anders auszusehen, immer rauszustechen, obwohl man doch genauso tickt und denkt wie die Menschen um einen rum. Ich bin dieses "Anderssein" in sieben Wochen los, dann bin ich wieder in Deutschland, wo alle Menschen so aussehen wie ich, aber die Albinos? Die sind ihr Leben lang allein durch ihr Aussehen irgendwie Aussenseiter.
Wie man das in Deutschland oefters hoert, dass Albinos in Tansania verfolgt und getoetet werden, habe ich uebrigens nicht erlebt. Zum Glueck.
Ausserdem haben die Albinos Probleme mit ihrer Haut: Die Sonne hier ist wirklich krass, auch ich bekomme im Vergleich zu Deutschland hier relativ schnell Sonnenbrand. Wie muss es da erst den Albinos gehen? Viele bekommen Hautkrebs und sterben frueh daran...
Wenn man in Tansania unterwegs ist, faellt einem oft auf, welche Kleidung die Menschen hier tragen, naemlich die Altkleidersammlung aus Europa oder Amerika. Wie oft habe ich schon deutsche oder franzoesische Sprueche auf T-Shirts gesehen! Den Menschen hier ist das total bewusst, dass sie Kleidung tragen, die die Leute in den westlichen Laendern nicht mehr haben wollen.
Aber natuerlich sind diese Klamotten noch gut, die Tansanis tragen sie ja auch... Wen wundert es aber da noch, wenn wir Weisse von den Afrikanern fuer total reich gehalten werden, wenn wir sogar Kleidung, die durchaus noch tragbar ist, wegwerfen?
Heute und morgen bin ich noch in Singida, am Freitag fahre ich gemeinsam mit Jana zurueck nach Mwanga. Jetzt bleiben mir noch etwa sieben Wochen in Tansania.
Ich finde es total krass, wie unglaublich schnell die Zeit vergangen ist. Fuer mich war es doch erst vorgestern, dass ich in Afrika angekommen bin und jetzt bin ich aber doch schon so lang hier.
Krass!!
So, ich hoffe, es geht euch auch gut, wo immer auf der Welt ihr seid. Ich wuensche euch alles Liebe!
Bis bald,
eure Anja