Hallo an alle, heri ya pasaka! Frohe Ostern!
Ein Jahr Tansania impliziert natuerlich auch solche Feste. Weihnachten war ich ja leider nicht zu Hause in Mwanga, weil mein Freund gekommen ist, aber Ostern habe ich hier miterlebt. Das war nicht immer so geplant. Die zwei Freiwilligen aus Singida, Jana und Julius, sind den ganzen April auf Reisen gewesen, fast das ganze Land haben sie abgeklappert. Da wollte ich sie gerne begleiten, waere eine schoene Gelegenheit gewesen. Aber wieder einmal ist mir Malaria dazwischengekommen. Am Mittwoch, den 13. April wollte ich urspruenglich aus Mwanga abreisen und am Montag bin ich krank geworden. Den ganzen Tag hab ich mich schon nicht so toll gefuehlt, ich hatte Kopf- und Bauchschmerzen und am Nachmittag hab ich Fieber bekommen, das immer schlimmer geworden ist. Am Abend war es ueber 40,5°C und ich habe mir eingebildet, dass zwei Huehner in meinem Zimmer seien... Ich lag also in meinem Bett, neben mir hat's gegackert und ich hab nach meinen Schwestern gerufen. Prisca, die kleinste, kam dann auch und hat mich angeschrien: Da seien keine kuku im Zimmer und ich solle doch aufhoeren zu heulen. Ich hab so vor mich hingeschluchzt – wieso weiss ich allerdings auch nicht – und ganz nach Anja-Manier angefangen zu hyperventilieren. Dann kam Sisilia, meine mittlere Gastschwester, und wollte mich beruhigen, sie hat mich in den Arm genommen. Dabei hat sie festgestellt, dass ich ganz heiß war und wollte mich nach draussen bringen. Also sass ich draussen auf einem Plastikstuhl und meine Haende haben sich durch das Hyperventilieren schon zu Pfoetchen verkrampft. War dann nicht ganz einfach, den Maedchen zu erklaeren, dass ich eine Plastiktuete braeuchte... Naja, hat dann aber doch geklappt und irgendwann stand mein Gastvater neben mir, der mich sofort in die Krankenstation bringen wollte. Ich wollte das nur gar nicht, da der Dienst habende Arzt um diese Uhrzeit (ca. 20 Uhr) ganz bestimmt nicht mehr nuechtern sei. Das sah James auch so. Wir sind also in die Dispensary unter der Bedingung, dass zuerst die (sicher nuechterne) Nachtschwester kommen soll, bevor mich der Arzt sieht. Das war dann auch okay. Ich lag schliesslich im Bett der Krankenschwester, hab unter sechs Decken immer noch gefroren und die ersten beiden von insgesamt 42 Quinine-Tabletten geschluckt. Am naechsten Tag kam auch aus dem Labor die Gewissheit: Wieder Malaria. Kaum war ich drei Wochen gesund... Quinine ist an sich ein ziemlich gutes Medikament fuer Malaria, meinen die von der Krankenstation, aber ich fand es ziemlich anstrengend. Eine ganze Woche lag ich im Bett, so geschafft war ich. Und Quinine geht auf die Ohren, das heisst, ich hab ueber eine Woche nicht richtig gehoert. Menschliche Stimmen waren total verzerrt, alle hoerten sich so an wie Goofy, aber Geraeusche wie ein Loeffel, der runterfaellt, waren sehr unangenehm und viel zu laut. Und wenn jemand vor mir stand und mir in normaler Lautstaerke was erzaehlt hat, hab ich's nicht verstanden. Dabei lag es nicht an meinem Suaheli...
Aber irgendwann war ich wieder gesund und ich wollte mich nicht schon gleich auf die Socken machen, da ja Ostern vor der Tuer stand. Ostern war eigentlich total schoen. Alle meine Schwestern waren zu Hause und Mama Lanta ist auch gekommen. Ansonsten war ich sehr viel in der Kirche. Sehr sehr viel. Insgesamt ueber 16 Stunden. Am Gruendonnerstag und am Karfreitag waren es noch humane drei Stunden, in der Osternacht vier Stunden und den Ostersonntag habe ich quasi komplett in der Kirche verbracht, ganze sechs einhalb Stunden. Kein Wunder, dass ein Gottesdienst in Tansania so lang dauert, wenn der Pfarrer schon ueber eine Stunde predigt. Also so lang wie ein normaler Gottesdienst in Deutschland dauert... Aber so schlimm war es dann gar nicht, immerhin hab ich den groessten Teil verstanden und das war doch ganz interessant. Nur: Tansanis reden so gern. In der Osternacht wurden noch jede Menge Erwachsene getauft, am Sonntag dann die Kinder – 38 (!!!!!) - und sieben Paare haben geheiratet. Das dauert... Ansonsten waren die Gottesdienste wie in Deutschland auch.
Fuer die Mwanga kundigen unter euch: Am Ostersonntag waren wir sogar schon in der neuen Kirche! Fenster, Tueren und ein richtiger Boden fehlen zwar noch, aber immerhin hat sie schon ein Dach. An den anderen Tage waren wir in der „alten Kirche“. Fragt jetzt nicht, warum ein kleines Dorf mitten im Busch eine neue Kirche braucht, das weiss ich auch nicht... Am Ostermontag hab ich mich schliesslich auf den Weg zu Jana und Julius gemacht. Obwohl ich mal wieder ewig fuer die Strecke Mwanga – Singida gebraucht habe (ueber 5 Stunden fuer 80 km), habe ich durch Glueck und Zufall noch einen Bus nach Morogoro gefunden. Um kurz nach halb 12 bin ich aus dem Bus aus Mwanga ausgestiegen und ein Typ hat mich an der Hand genommen und meinte, schnell, schnell, wenn du nach Moro willst, muessen wir uns beeilen, der Bus faehrt sofort ab, sasa hivi! Wir sind zum Booking Office gerannt. Dort habe ich dann auch auf den Bus gewartet... Der Bus kam letztendlich nicht sasa hivi, sondern erst um kurz nach 2, also 2,5 Stunden spaeter. Ich sass waehrenddessen im Office und konnte mir nicht mal was zu Essen kaufen, weil der Typ, der mir das Ticket verkauft hat, meinte, ich sollte nicht weggehen, der Bus kaeme ja sofort. Fahrplaene sind in Tansania wirklich eher Richtlinien als ernst zu nehmende Daten.
Nach guten 6 Stunden endlich in Morogoro angekommen, wurde ich von Jana und Julius abgeholt. War total schoen, dass es endlich geklappt hat und wir uns gesehen haben. Die beiden haben auch schon ein Guesthouse fuer die naechsten drei Naechte gefunden, wo wir zu dritt in einem Doppelbett in einem wirklich winzigen Zimmer geschlafen haben. Aber immerhin fuer nur 10.000 TSH pro Nacht, das sind 5 Euro fuer drei Personen. Wir hatten sogar ein eigenes Bad, aber kein fliessend Wasser. Das ist aber normal. Dafuer bekommt man einen grossen Eimer mit mehr oder weniger sauberem Wasser, das man fuer die Klospuelung und zum Duschen verwendet. In diesem Gesti war das Wasser irgendwie braun-gelb. Aber man muss es ja nicht trinken...
Morogoro ist eine wunderschoene Stadt. Wie Dar es Salaam ist es unglaublich heiß, aber landschaftlich sehr beeindruckend. Ganz nahe dem Stadtzentrum (ca. 15-20 Minuten zu Fuss) erstreckt sich eine total schoene Gebirgskette, die Uluguru Mountains. Das sind hohe Berge mit weichen Huegeln, viel Gruen, vielen Baeumen, Pflanzen und Wasserfaellen. Am Morgen scheinen sich die Wolken in den Senken noch auszuruhen... Die Berge haben wir am Dienstag, also meinem ersten Tag in Moro, zusammen mit einem Guide (er heisst Pamphilius!) bestiegen. Gegen 9:15 morgens ging es los und die Sonne hat schon ziemlich auf uns heruntergeknallt. Nach etwa 1,5 Stunden habe ich mich gefuehlt, als waere ich am Ende meiner Kraefte. Alles ist so viel anstrengender, wenn es so heiss ist und der Schweiss auch schon ohne koerperliche Betaetigung in Stroemen fliesst...
Die Wege waren auch nicht ganz einfach. Meistens waren es schmale Trampelpfade, oft schlammig, denn im Gegensatz zu anderen Regionen Tansanias gibt es hier genuegend Wasser. Oft mussten wir steil nach oben Steine hochklettern oder an Haengen entlang laufen. Nach knapp zwei Stunden sind wir an einem grossen Wasserfall angekommen und haben kurz Pause gemacht. Wir wollten uns etwas abkuehlen und ich habe mich unfreiwillig gleich mal ins Wasser gelegt. Die Steine waren aber auch wirklich sehr rutschig...
Eine sehr schoene Kulisse, alles war gruen und der Wasserfall beeindruckend. Die Fotos sind sehr schoen geworden, finde ich. Wieder mal ist mir bewusst geworden, wie wunderschoen Tansania ist.
Gegen 15:00 haben wir unser eigentliches Ziel erreicht: Morning Side. Morning Side ist ein 1911 von den Deutschen erbautes Haus und heute ein Aussichtspunkt. Im Haus drinnen fuehlt man sich wirklich wie im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Es gibt viele grosse Zimmer, eine alte Kueche mit einem alten Herd und einer alten Kuehltruehe, ein Badezimmer mit einer alten Badewanne und ein ehemaliges Schlafzimmer mit Dielen. Schon seltsam, in Tansania Dielen zu sehen.
Ausserdem gibt es in dem Haus extrem viel Gras... Drogenkonsum ist in Tansania so eine Sache. Kurz bevor wir bei Morning Side angekommen sind, haben wir eine ganz alte Kapelle besucht. Der Priester hatte einen Joint hinter dem Ohr klemmen...
Oben bei Morning Side hat man einen traumhafte Blick. Morogoro scheint einem zu Fuessen zu liegen und man sieht wieder einmal, wie gruen die Uluguru sind. Was da alles waechst! Wir haben Guaven-, Passionsfrucht-, Avocado- und Jakobsfruchtbaeume, Himbeer-, Erdbeer- und Brombeerstraeucher und Ananas- und Bananenstauden gesehen. Zu allem Ueberfluss hat es beim Abstieg angefangen zu regnen, was die Wege komplett verschlammen und rutschig werden liess.
Aber gegen 18:00 abends sind wir wieder in Morogoro unten angekommen. Ich war sehr muede und fertig, aber stolz darauf, das geschafft zu haben. Am naechsten Tag hatte ich den Muskelkater des Todes, sogar mein tako hat mir weh getan.
Am Mittwoch haben wir uns noch ein bisschen Morogoro angeschaut und am Donnerstag ging's eine Etappe weiter nach Iringa. Um dahin zu kommen, faehrt man ueber die Mikumi-Strasse. Mikumi ist ein Nationalpark und fuer den Buspreis von 15.00 TSH, also ca. 7,50 Euro, sind wir da durchgefahren. Vom Bus aus haben wir direkt neben der Strasse Zebras, Elefanten, Giraffen, Affen, Gnus, Gazellen und Wasserbueffel gesehen. Das war sehr schoen. Heute, Samstag, sind wir wieder nach Singida gekommen. Ich schlafe bei Jana und wurde von ihrer Gastfamilie total lieb und herzlich aufgenommen.
Morgen faehrt meine ganze Krankenstation anlaesslich dem 1. Mai nach Singida, um „mfanyakazi bora“ (also den „besseren Arbeiter“) zu begleiten. Was das genau wird, kann ich ja dann bald erzaehlen. Morgen Abend geht es fuer mich auch wieder nach Hause, nach Mwanga. Obwohl ich ja nur eine Woche weg war, freue ich mich darauf. Ist eben doch irgendwie mein Zuhause. So, ich hoffe, es geht euch auch gut! Ganz liebe Gruesse aus Tansania!
Eure Anja